Rationalisierung, Rationierung, Priorisierung: Terminologie und ethische Begründungsansätze zur Allokation bei begrenzten Ressourcen in der Hämatologie/Onkologie
- Winkler, Eva
Zusammenfassung
Die Onkologie trägt mit ihren zahlreichen teuren Neueinführungen nicht unerheblich dazu bei, dass der medizinische Fortschritt teuer ist. Zudem nimmt durch den demographischen Wandel und die steigende Lebenserwartung die Zahl der Krebspatienten zu, die von diesem Fortschritt profitieren möchten. Da auch im Gesundheitswesen die Mittel begrenzt sind, stellt sich die Frage nach der gerechten Verteilung der vorhandenen Ressourcen mit immer größerer Dringlichkeit. Da der Umgang mit Knappheit ein typisches gerechtigkeitstheoretisches Problem ist, diskutiert dieser Artikel zunächst verschiedene Strategien im Umgang mit knapper werdenden Ressourcen (Rationalisierung, Rationierung und Priorisierung). Es werden dann prozedurale und inhaltliche Kriterien vorgestellt, die dabei helfen, nutzbringende Gesundheitsleistungen gerecht zu verteilen. Es gibt verschiedene Strategien, den Verbrauch knapper werdender Mittel zu senken: Mittels Rationalisierung werden Effizienzreserven ausgeschöpft, mittels Rationierung werden Gesundheitsleistungen begrenzt und damit auch nutzbringende Maßnahmen aus dem Leistungskatalog ausgeschlossen. Rationierung kann implizit, also verdeckt erfolgen, z.B. durch Budgetierung oder die Einführung von Wartezeiten, oder explizit durch transparente Festlegung der Leistungen, auf die verzichtet werden soll. Hierfür ist häufig eine Ordnung medizinischer Leistungen nach ihrer Wichtigkeit die Voraussetzung (Priorisierung). Für die Akzeptanz und die Güte einer Entscheidung zum Verzicht auf nutzbringende Leistungen sind aus gerechtigkeitstheoretischer Sicht sowohl prozedurale Kriterien als auch inhaltliche Verteilungsprinzipien (Gleichheit, Dringlichkeit, Nutzen) relevant.
Rationalization, Rationing, Prioritization: Terminology and Ethical Approaches to the Allocation of Limited Resources in Hematology/Oncology
The field of oncology with its numerous high-priced innovations contributes considerably to the fact that medical progress is expensive. Additionally, due to the demographic changes and the increasing life expectancy, a growing number of cancer patients want to profit from this progress. Since resources are limited also in the health system, the fair distribution of the available resources urgently needs to be addressed. Dealing with scarcity is a typical problem in the domain of justice theory; therefore, this article first discusses different strategies to manage limited resources: rationalization, rationing, and prioritization. It then presents substantive as well as procedural criteria that assist in the just distribution of effective health benefits. There are various strategies to reduce the utilization of limited resources: Rationalization means that efficiency reserves are being exhausted; by means of rationing, effective health benefits are withheld due to cost considerations. Rationing can occur implicitly and thus covertly, e.g. through budgeting or the implementation of waiting periods, or explicitly, through transparent rules or policies about healthcare coverage. Ranking medical treatments according to their importance (prioritization) is often a prerequisite for rationing decisions. In terms of requirements of justice, both procedural and substantive criteria (e.g. equality, urgency, benefit) are relevant for the acceptance and quality of a decision to limit access to effective health benefits.