Priorisierung und Rationierung am Krankenbett: Eine Diskussion empirischer Studien

  • Strech, Daniel
Onkologie 34:p 16-19, March 2011. | DOI: 10.1159/000323066

Zusammenfassung

Hintergrund:

Neben Prognosen zum Ausmaß der gegenwärtigen und zukünftigen Mittelbegrenzung im Gesundheitswesen spielen empirische Daten zum Status quo ärztlicher Rationierung eine bedeutende Rolle bei der Suche nach angemessenen Handlungsalternativen im Umgang mit begrenzten finanziellen Ressourcen.

Material und Methoden:

Dieser Artikel präsentiert und diskutiert ausgewählte Ergebnisse der internationalen und deutschen Interviewforschung zur ärztlichen Rationierung.

Ergebnisse:

In vielen europäischen Ländern konnten Umfragestudien unter Ärzten nachweisen, dass Rationierungsentscheidungen durch individuelle Ärzte im ambulanten wie stationären Bereich bereits heute stattfinden. Bei der Rationierung handelt es sich auch in deutschen Krankenhäusern um ein weit verbreitetes, wenngleich verdecktes und für den individuellen Arzt (noch) nicht sehr häufiges Phänomen. Die Anwendung unterschiedlicher Rationierungskriterien bewirkt, dass das gegenwärtige Vorgehen bei ärztlicher Rationierung zu einer Unzufriedenheit auf Seiten der Ärzte und zu einer potenziellen Benachteiligung bestimmter Patientengruppen führt.

Schlussfolgerungen:

Gegenmaßnahmen im Sinne einer möglichst expliziten, d.h. transparenten und systematischen Rationierung wären vor diesem Hintergrund klar vorzuziehen. Trotzdem bedarf es auch hier der weiteren Konkretisierung von Methoden einer expliziten Rationierung und einer kritischen Evaluation ihrer Anwendung in der Praxis. Zudem wird deutlich, dass es letztlich vor allem von der Qualität der zugrunde liegenden Evidenz abhängt, ob durch explizitere Rationierungsansätze die tatsächlichen Entscheidungen rationaler und gerechter werden oder nicht.

Priority Setting and Bedside Rationing: A Discussion of Empirical Findings

Background:

In addition to empirical forecasts on the extent of the current and future limitations on health care resources, empirical data on the status quo of bedside rationing play a significant role in developing suitable alternatives in dealing with limited financial resources.

Materials and Methods:

This article presents and discusses selected results of the international and German survey research on bedside rationing.

Results:

Survey studies among physicians could prove world-wide that rationing decisions are made already today by individual physicians in the in- and out-patient services. In German hospitals, rationing is also a widespread though non-transparent and not (yet) very common phenomenon for an individual physician. Varying criteria for bedside rationing contribute to the fact that the current approach to bedside rationing leads to dissatisfaction on the part of physicians and to a potential disadvantage of certain patient groups.

Conclusions:

Explicit, i.e. transparent and systematic, ways of rationing could remedy these deficiencies and are therefore clearly preferable in this context. However, further specification of the methods of explicit rationing and a critical evaluation of their application in practice are needed. Moreover, it is mainly the quality of the underlying evidence that determines whether or not the actual decisions become more reasonable and fair by means of more explicit rationing approaches.

Copyright © 2011 S. Karger AG, Basel
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